Rechnungseingang automatisiert verarbeiten – was ist die richtige Herangehensweise?

Veröffentlicht am 29.03.2022

Lesedauer: 6 min

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Das Thema E-Rechnung

In vielen Unternehmen werden Rechnungen noch mühevoll analog und manuell verarbeitet. Aber wieso eigentlich? Es ist längst nicht mehr notwendig, Rechnungen in Papierform zu verarbeiten. Eine rein digitale Abwicklung, vom Eingang bis zur Archivierung, ist sogar vergleichsweise einfach umzusetzen. Warum zögern dennoch einige Unternehmen mit der Einführung digitaler Rechnungsverarbeitung?

Zum einen können die Investitionskosten abschreckend wirken, insbesondere für kleinere KMUs, die sich noch nicht sicher sind, in welcher Liga sie spielen. Diese Sorge wird sich schnell legen, wenn man die Kosten dem enormen Einsparungspotential gegenüberstellt: bis zu 15€ [1] können durch die Digitalisierung des Prozesses eingespart werden. Zum anderen muss die Entscheidung für die eingesetzte Infrastruktur langfristig sinnvoll sein und den Anforderungen des Unternehmens entsprechen. Die Entscheidung, welches System implementiert werden soll, muss also wohl überlegt sein. Und auch, was genau mit der Digitalisierung erreichen werden soll. Denn längst nicht jede Digitalisierung ist tatsächlich sinnvoll und insbesondere bei der Eingangsrechnungsverarbeitung ist ein Fokus auf rein quantitative Parameter zu kurz gegriffen.

Die wichtigsten Vorteile

Unter anderem:

  • Schnellere Verarbeitung von Eingangsrechnungen, keine Medienbrüche, kein Drucken/Heften/Scannen

  • Elektronische Rechnungen haben im Schnitt eine um 15 Tage kürzere Durchlaufzeit und werden bis zu 4 Tage früher gezahlt [2]

  • Flexibilität und Ortsunabhängigkeit: Bearbeitung und Freigabe bequem von mobilen Devices möglich

  • Transparenz für alle beteiligten Personen, Übersicht über alle Schritte

  • Geringere Fehleranfälligkeit

  • Pro Rechnung können bis zu 15€ auf Seiten des Empfängers, bis zu 4€ auf Seiten des Senders eingespart werden [3]

Laut Pareto Prinzip werden 80% des gesamten Outputs in nur 20% der Zeit erreicht. Die restlichen 20% jedoch verschlingen 80% der Zeit.

Wann ist Digitalisierung sinnvoll?

Das Prinzip kann auf Eingangsrechnungen übertragen werden: 80% der Rechnungen sind schnell verarbeitet und stellen keine Probleme dar. Bei den restlichen 20% kommt es zu Änderungen, Sonderregelungen oder sonstigen Umständen. Die vermeintlich kleine Menge an Rechnungen verursacht dementsprechend den größten Teil des Aufwandes. Warum ist das wichtig?

Konzentriert man sich bei der Digitalisierung von Eingangsrechnungen auf die Masse, also auf die 80% der eingehenden „einfachen“ Rechnungen, klingt das im ersten Moment wie ein großer Erfolg. Aber in Wahrheit hat man lediglich 20% des Aufwandes eingespart, die betreuungsintensiven Sonderfälle verursachen auch weiterhin das Gros der Arbeitsstunden. Das Projekt führt also zu Unzufriedenheit, weil sich die gewünschten Ergebnisse nicht einstellen. Und angesichts der Investitionskosten wird an diesem Punkt das Projekt nicht selten aufgegeben und fallen gelassen.

Warum also nicht gleich versuchen, die komplizierten Fälle zu automatisieren? Vor allem, wenn es sich um eine hohe Anzahl handelt.

Es ist wichtig zu wissen, welches Ziel man mit der digitalisierten Eingangsrechnungsverarbeitung erreichen möchte. Ist man sich hier deutlich im Klaren darüber, welche Möglichkeiten die verschiedenen technischen Infrastrukturen bieten und wie sie im eigenen Interesse optimal eingesetzt werden können, sind die ersten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Projekt geschaffen.

Strukturiere Daten mit EDI und XML

Strukturierte Daten bzw. Formate werden direkt und in maschinenlesbarer Form in das System des Empfängers übertragen, die manuelle Bearbeitung entfällt. EDI wird oftmals gleichgesetzt mit dem Begriff EDIFACT (Electronic Data Interchange For Accounting, Commerce and Transport), es handelt sich dabei aber lediglich um einen von mehreren EDI-Standards. Die in den 70er Jahren entwickelte Lösung wurde zur Übermittlung von elektronischen Rechnungen im B2B-Sektor entwickelt und wird heutzutage hauptsächlich im Handel eingesetzt. Flächendeckend durchsetzen konnte er sich nicht, da mit jedem Geschäftspartner die Daten gesondert definiert und im System zugeordnet werden müssen. Dies schreckt Kleinunternehmer ab, weil die Einführung im Vergleich zu anderen Formaten überproportional teuer ist – aber auch Großunternehmer, die durch viele variierende bilaterale Geschäftsbeziehungen mit einem erheblichen Aufwand zu rechnen haben.

Im XML-Format (Extensible Markup Language) werden strukturierte Daten ausgetauscht, die Informationen sind maschinenlesbar, aber nur schwer bzw. nach entsprechendem Training vom Menschen lesbar. XML ist weit verbreitet und in vielen Ländern Grundlage für einen Rechnungsaustausch mit den jeweiligen Behörden. Das Format kann als einzelne Datei übermittelt werden, oder beispielsweise in ein PDF/A-3 integriert und somit ebenfalls maschinell ausgelesen werden.

Hybrid ZUGFeRD

ZUGFeRD (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland) stellt ein hybrides Rechnungsformat dar, das aus einem PDF/A-3 und einer XML-Datei besteht. Es ist also sowohl maschinenlesbar, als auch für Menschen problemlos lesbar und soll somit die diversen Anforderungen der verschiedenen Seiten kombinieren. ZUGFeRD gibt es in verschiedenen Versionen und Profilen, aktuell ist die Version ZUGFeRD 2.1.1 (Stand 03/21).

ZUGFeRD 2.0 ist inhaltlich identisch zur XRechnung, es gibt allerdings einen wichtigen Unterschied: Zulässige Syntaxen für elektronische Rechnungen sind die XML-Schemata UBL (Universal Business Language) und CII (Cross Industry Invoice) – während XRechnung in beiden umgesetzt werden kann, geht dies bei ZUGFeRD nur im Syntax CII. Seit dem Update vom Juli 2020 ist das ZUGFeRD allerdings um ein XRechnungs-Profil ergänzt und kann nun auch als reine XML-Datei verschickt werden.

ZUGFeRD entspricht zudem inhaltlich dem französischen Factur-X.

Die hier angeführten Formate finden zunehmend Anwendung, sie werden in Zukunft eine große Rolle in der Verarbeitung von Rechnungen finden. Noch funktionieren sie aber nicht flächendeckend und übergreifend, vor allem für kleinere Unternehmen spielen PDF Rechnungen deswegen nach wie vor die größte Rolle.

Hier wird also eine effiziente Lösung benötigt, die den aktuellen Anforderungen gerecht werden und sich gleichzeitig flexibel an Wachstum und Weiterentwicklung anpassen kann. In diesen Fällen oftmals die beste Lösung: Inhalte der Rechnungen mit KI automatisiert auszulesen.

Auslesen mit KI

In dieser dritten Möglichkeit werden eingehende PDF-Rechnungen oder gescannte Belege mittels OCR ausgelesen und alle relevanten Rechnungsdaten in strukturierter Form extrahiert. Großer Vorteil dieser Variante ist die Unabhängigkeit von der Infrastruktur und Vorgehensweise anderer Unternehmen, es sind keine Abstimmungen über die eingesetzte Lösung notwendig. Eingehende Rechnungen werden automatisiert und basierend auf den Ansätzen von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning verarbeitet.

Diese Herangehensweise kann zahlreiche weiterführende positive Einflüsse auf die gesamten Unternehmensprozesse haben, wie Bruno Koch für Billentis ausführt: „Organizations may benefit from machine learning in numerous ways. They will be able to accelerate and optimize their business processes in general, and invoice processing in particular. Machine learning may simplify user interactions with devices, reduce human intervention, support fraud detection, forecasting liquidity, dynamic pricing, customer complaint resolution, trading partner scoring, and spend management.”[4] Intelligente, selbstlernende Systeme ebnen den Weg für vielfältige Optimierungen in ganz unterschiedlichen (Fach)Disziplinen.

Zusammenfassung

Für den Austausch elektronischer Rechnungen ist die Übermittlung von strukturierten Daten der optimale Weg – theoretisch. Denn in der Praxis stößt man dabei auf viele Hürden. Etliche Formate wie EDI, ebInterface, ZUGFeRD, aber auch divergierende Ansprüche von Klein-und Großunternehmern und unterschiedliche finanzielle Mittel erschweren eine rasche und flächendeckende Umstellung auf elektronische Rechnungen.

Rechnungen mit KI auszulesen kann deswegen die flexibelste und effizienteste Lösung sein, die sich zudem an Wachstum und Weiterentwicklung Ihres Unternehmens anpassen wird.

Checkliste Planungsphase

  • Prozessoptimierung gemeinsam mit allen relevanten Partnern und Lieferanten

  • Interne Zusammenstellung eines vielseitigen Teams zur Abdeckung aller relevanten Themengebiete (IT, Buchhaltung, Management, etc.)

  • Saubere Architektur entlang des ganzen Prozesses definieren

  • Korrekte revisionssichere Archivierung bedenken und planen

Quellen für diesen Beitrag

1, 2, 3: Pagel, P. (10/2019). Bei der Übermittlung und Verarbeitung elektronischer Rechnungen müssen die geltenden Anforderungen zu Datenschutz und Datensicherheit erfüllt sein. Wirtschaftsinformatik & Management 11, p. 342-346. doi:10.1365/s35764-019-00201-w

4 Koch, B. (09/2019). The e-invoicing journey 2019 – 2025. Von www.billentis.com: www.billentis.com/the_invoicing_journey_2019-2025.pdf abgerufen